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Bewertung von Pflicht, Kür und Pferd sowie Turnier-Alternativen in Corona-Zeiten

Bundesrichtertagung 2021

von Marie-Therese Stedry (MS) und Felix Bender (FB)

Wir bedanken uns bei den Verfassern für die Zusammenfassung!

Diese Zusammenfassung ist leicht gekürzt. Den kompletten Artikel findet Ihr im Aktuellen Voltigierzirkel 1/2021. Mehr Informationen zum Voltigierzirkel: https://www.voltigierzirkel.de/

Es war eine Premiere: Zum ersten Mal fand die Bundesrichtertagung in Deutschland online per Video-Konferenz statt. „Ich begrüße euch in stürmischen Zeiten“ begann Leo Laschet als Vorsitzender des Ausschusses Voltigieren der Deutschen Richtervereinigung für Pferdeleistungsprüfungen (DRV) mit Blick auf die Corona-Beschränkungen, die dieses neue Format erforderlich gemacht haben.

Das hatte etwas Gutes: In diesem Jahr konnten am 30./31. Januar rund 100 Richter aus allen Ebenen sowie Richteranwärter teilnehmen, was bei Präsenzveranstaltungen in dieser Form in den vergangenen Jahren zahlenmäßig nie möglich war. Endlich wieder zusammenkommen und nach einem Jahr wieder Schwung tanken waren Aspekte, die Leo zu Beginn nannte. Ziele waren außerdem, beim aktiven Richten nach einer Saison 2020 fast ohne Turniere wieder durch die Arbeit in Workshops Übung zu bekommen. „Wer rastet, der rostet“, deshalb wurden einige Auffrischungs-Einheiten zu gängigen Themen und Lösungsansätze zu schwierigen Fragestellungen angeboten.

Was erwarten Voltigierer von den Richtern?

Torben Jacobs und Jessica Lichtenberg widmeten sich den Anforderungen der Voltigierer an die Voltigierrichter im unterhaltsamen, aber dennoch nachdenklichen „BURITAlk 15 – der Talk um Viertel nach“, einem „Talkshowformat“ extra für die Bundesrichtertagung. „Wir fragen einfach mal die Aktiven“, dachten sich die beiden und haben verschiedene Meinungen eingeholt und diese bewusst überspitzt zusammengefasst.

Ein wunder Punkt sei die Pferdenote: „Viele Richter haben keinen Plan vom Pferd“, so die erste provokante These. Torben meinte in diesem Zusammenhang: Für Richter, die nicht selber dressurmäßig reiten, kann es sehr schwierig sein, das Pferd zu bewerten.

Jessica beschrieb aus Ausbildersicht, dass viel mehr Zeit und Geld in die Pferde investiert wird, seit die Pferdenote eingeführt wurde. Die Note ist entscheidend für den Ausgang des Wettkampfs, aber sie ist eine große Unbekannte und oft weder transparent noch nachvollziehbar für die Aktiven. „Wie wäre es mit dem Einsatz externer Richter etwa aus dem Dressurbereich?“ stellte sie als Vorschlag in den Raum. Man muss sich auf dem Gebiet sicher fühlen, in dem man Noten vergibt, bestätigte Torben und ergänzte, dass es vielleicht auch „reine Voltigerrichter geben könnte, die nur das Voltigieren bewerten.“

„Mit Richtern über Noten sprechen, das kann nur nach hinten losgehen“ – dieser provokanten These ging Jessica auf den Grund und legte zunächst die Aktivensicht dar: Man geht mit einer großen Emotion in den Wettkampf und ist überzeugt, dass man etwas richtig Gutes gezeigt hat. Wenn dies die Note nicht widerspiegelt, sorgt das für Enttäuschung. Deshalb würde sie sich wünschen, dass Richter und Aktive/Trainer wertschätzende Diskussionen auf Augenhöhe führen könnten, damit die Aktiven die Entscheidungen der Richter besser nachvollziehen können. Aber Torben warb auch für Verständnis für die Richter, die den ganzen Tag die Kür bewerten. Das Fazit der beiden Referenten war, dass die Diskussionen weniger Brisanz haben und ein respektvoller Umgang miteinander gepflegt werden sollte.

„Obermänner bekommen komische Pflichtnoten“ war eine weitere Rückmeldung, die Jessica und Torben im Vorfeld erhalten hatten. Da beide als Teamtrainer aktiv waren, haben sie schon festgestellt, dass Obermänner manchmal zu gut und manchmal zu schlecht bewertet werden. Woran halten wir uns, fragten sie – an die im Reglement festgelegten Bewegungsbeschreibungen? Der Aufsprung müsste in diesem Fall bei Obermännern viel niedriger bewertet werden. Bei Schwüngen und Stehen bekommen sie aber oft (ungerechtfertigt) schlechte Noten, haben die beiden beobachtet. Jessica vermutete, dass es eine Mutsache ist: Einige Richter trauen sich nicht, das gesamte Notenspektrum auszuschöpfen.

„Von der Schwierigkeit einer Übung hat der Richter keine Ahnung“ war die nächste provokante Diskussionsgrundlage. Schwierige Übungen lohnen sich oft nicht, vor allem im Einzel, so Jessicas Beobachtungen. Sie würde sich wünschen, dass es zeitnah eine Einschätzung neuer Übungen gibt, mit welchem Schwierigkeitsgrad diese zu bewerten sind. Wenn sich Voltigierer trauen, die Messlatte hochzusetzen, dann hinkt das Bewertungssystem hinterher. Dadurch entstehen „Einheitsbrei-Küren“. Auch Torben kann die Schwierigkeiten nicht immer im Protokoll nachvollziehen und ergänzte, dass verstärkt mitberücksichtigt werden sollte, wie die Übung auf- und abgebaut wird – die Übergänge seien oft schwieriger als die Übungen an sich.

Abschließend setzten sich Torben und Jessica mit dem Vorwurf „Richter sind nicht immer objektiv“ auseinander. Jessica begann mit der internationalen Ebene und schaute aufs Championat: Das „eigene Land“ läuft ein, dann ist man automatisch auch als Richter involviert. Auf der anderen Seite haben Aktive eine Erwartungshaltung entwickelt. Das tue unserer Sportart nicht gut, so die Referenten. Man möchte objektiv bewertet werden – gute Noten sollen nicht hinterhergeworfen werden, aber es sollte auch nicht das Gefühl entstehen, dass der Richter einen nicht mag. Das, was an dem Tag gezeigt wird, das soll bewertet werden, war ihr Wunsch.

Gemeinsam den Sport nach vorne zu bringen und professionell darzustellen, das sollte für Richter und Sportler das Ziel sein, so Jessica und Torben. Dabei spielt Respekt der Richter gegenüber dem Voltigierer und der Voltigierer gegenüber dem Richter eine entscheidende Rolle – ein Thema, das die Tagung bis zur Abschlussdiskussion begleiten sollte. (FB & MS)

Bewertung der Gestaltung in der Einzel-Kür

Annika Speck und Birgit Knoke gaben in ihrem Workshop zur Einzel-Kür-Gestaltung wichtige Hinweise und Anregungen zum separaten Richten der Gestaltungsnote im Einzel in allen höheren Leistungsklassen.

Wichtig ist dabei zunächst zu wissen, dass sich die Gestaltungsnote im Einzel allgemein zusammensetzt aus athletischen und choreografischen Aspekten. Dabei machen die athletischen Aspekte 40 % der Gestaltungsnote aus und umfassen Übungen aus verschiedenen Strukturgruppen, Übungen und Verbindungen in verschiedenen Bewegungsrichtungen und Positionen auf dem Pferd (inklusive Bodensprung) sowie die Ausgewogenheit von statischen und dynamischen Elementen. Die choreografischen Aspekte machen 60 % der Gestaltungsnote aus und beinhalten neben Bewegungsfluss, Harmonie mit dem Pferd sowie Souveränität und Leichtigkeit auch die Fragen nach der Kreativität und Originalität, den Höhepunkten und der Akzentsetzung sowie der sichtbaren Erarbeitung der Musik inklusive der Fähigkeit, den Charakter der Musik zu transferieren und ein punktgenaues Ende zu finden.  

Es wurde ein Bewertungskonzept von Jochen Schilffahrt vorgestellt, welches als Hilfsbogen zur Einordnung der einzelnen Übungen in verschiedene Strukturgruppen genutzt werden kann. Für viele Richter, die das gesonderte Gestaltungsnoten-Richten noch nicht selbst praktiziert haben, war es absolutes Neuland, sich mit dem Hilfsbogen und den verschiedenen geforderten Aspekten so konkret auseinanderzusetzen. Deshalb war es für sie laut eigener Aussage besonders hilfreich, sich mit erfahreneren Richterkollegen darüber auszutauschen. Zu diesem Zweck wurden Einzelküren anhand von Beispielvideos Übung für Übung auseinandergenommen, um jedes gezeigte Element in die entsprechende Strukturgruppe zuzuordnen und damit die Athletik einzuschätzen. Bezüglich der choreografischen Aspekte wurden zunächst individuell (und ohne Zuhilfenahme eines externen Hilfsbogens) Notizen gemacht und sich im Anschluss darüber ausgetauscht. (MS)

Bewertung von Schwierigkeit und Ausführung im Einzelvoltigieren

Auch im Workshop von Petra Niemeyer zum Richten der Schwierigkeit und Ausführung beim Einzelvoltigieren ging es vor allem darum, anhand von Videobeispielen praktisch zu richten und sich über die einzelnen Entscheidungen mit den Richterkollegen auszutauschen.

In diesem Workshop wurde sich vor allem über die Einordnung einzelner Übungen und Elemente in die verschiedenen Schwierigkeitsgrade ausgetauscht. Und was immer wieder besprochen wurde, war die Frage nach der „doppelten Bestrafung“: Das heißt, ziehe ich bei einer nicht ideal gelungenen Übung einen Schwierigkeitsgrad ab oder gebe ich den höheren Schwierigkeitsgrad und sanktioniere dann über die Ausführung? Grundsätzlich sollte sich für einen Weg entschieden werden, um die besagte „doppelte Bestrafung“ zu vermeiden. (MS)

Bewertung der Technikelemente im Einzelvoltigieren

Den Technikelementen widmete sich Holger Janssen in einem Refresher-/Auffrischungs-Vortrag und in einem Workshop.

Der Referent ging auf wichtige Aspekte bei der Bewertung ein: Die Technikelemente müssen generell drei Galoppsprünge gehalten werden, orientiert an dem internationalen Reglement (nicht mehr vier Galoppsprünge, wie es früher formuliert war) – also wie bei einem Kürelement.

Der Referent ging auf Standardabzüge ein, die zum Teil anders als in der Kür sind. Bei fehlenden Galoppsprüngen wird 1 Punkt abgezogen. Wird ein Technikelement vor dem Abklingeln begonnen, wird es noch bewertet. Wiederholungen sind nur direkt im Anschluss möglich – mit dem Standardabzug 2 Punkte. Bei zweifacher Wiederholung wird das Element mit 0 bewertet, genauso wie ein Sturz, der ebenfalls mit 0 bewertet wird (eine Wiederholung nach dem Sturz ist nicht möglich). Für einen Sturz in einem der (von den Voltigierern frei wählbaren) zusätzlichen Elemente gibt es 30 Punkte Abzug in der Ausführung. Bei einem Sturz in einem Technikelement wird dieses mit 0 bewertet, es werden aber nicht zusätzlich 30 von der Ausführung abgezogen, betonte der Referent.

Die im Aufgabenheft Voltigieren veröffentlichten Richtwerte stellte Holger Janssen als wichtige Anhaltspunkte für die Notenvergabe vor. Über die Landung kann z. B. beim Aufsprung in den Schulterstand rückwärts schon sehr gut eingestuft werden, welche Note vergeben wird.

Die Rolle vorwärts aus dem Knien auf der Kruppe zum Sitz vorwärts auf dem Hals ist schwierig zu bewerten, weil sich Fehler in der dynamischen Übung nur kurz zeigen, z. B. ein kurzes Verharren in Rückenlage

Der Standspagat rückwärts mit Stütz auf dem Pferderücken wird als Element selten weggelassen. Im internationalen Reglement gibt es eine Grafik zur Orientierung, wie hoch das Bein sein muss, um bestimmte Noten zu erreichen (siehe https://inside.fei.org/sites/default/files/2021%20Vaulting%20Guidelines%20clean%20version_0.pdf , S. 72).

Beim Sprung aus dem Knien vorwärts zum Stehen rückwärts mit statischer Armhaltung. orientieren sich die Richtwerte sehr an der Endposition des Voltigierers (Position des Oberkörpers bei der Landung) sowie der Beugung der Knie.

Beim Unterarm-Stand ergibt sich der Richtwert 5, wenn die Hände nicht auf den Griff fassen. In den Videobeispielen zeigten sich einige Abweichungen von der Längsachse, was zu Abzügen führt. Der Aufbau ist freigestellt. Entscheidend ist, dass die Endposition drei Galoppsprünge gehalten wird.

Holger Janssen empfahl im Workshop den Richtern, die Standardabzüge im Hinterkopf zu haben, damit man nicht zu milde abzieht – vor allem, weil die Bewertung auf dem Turnier schnell erfolgen muss.

Bezüglich Änderung der Technikelemente äußerte sich Kai Vorberg: Das Rad vom Hals auf den Rücken statt der Rolle hätte bereits 2021 kommen sollen, aber aufgrund der Corona-bedingten Turnierabsagen wurde dies auf 2022 verschoben. Der Funktionär äußerte sich unter Vorbehalt, da die Änderung noch nicht offiziell verabschiedet wurde (dies wird zu gegebener Zeit offiziell auf der FEI-Webseite publiziert werden). (FB)

Die Pflicht: Schwerwiegende technische Fehler erkennen und beurteilen

Der Pflicht widmete sich Helma Schwarzmann in einem Vortrag, die Inhalte vertiefte sie in einem Workshop.

 

Die Technik ist die Basis für die Note, die die Richter vergeben. Im Sport ist es die Bezeichnung für die Summe der sportmotorisch-technischen Fertigkeiten einer Sportart oder Disziplin, die optimale Form einer Bewegungsausführung. Sie ist ein Teilbereich der sportmotorischen Leistung. Die motorischen Fähigkeiten umfassen die Kondition (Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit), die Koordination (Hauptmerkmal ist die Bewegungssteuerung, das Zusammenspiel von Zentralnervensystem und Bewegungsapparat) und Beweglichkeit. Die motorischen Fähigkeiten bestimmen die körperliche Leistungsfähigkeit. Die technische korrekte Ausführung jeder Pflicht- bzw. Kürübung muss in der Bewertung oberste Priorität haben. Ein*e Richter*in muss genaue Vorstellungen vom korrekten Bewegungsablauf der Elemente und Verbindungen haben. Je höherklassig und leistungsdichter die Wettbewerbe angesiedelt sind, desto höher sind auch die Anforderungen an die Richter*innen, so die Referentin.

Die genaue Kenntnis der Strukturen der Elemente in Pflicht und Kür sind die Voraussetzung für erfolgreiches Arbeiten. Der/die Richter*in als Experte muss also genaue, bis ins Detail gehende Bewegungsvorstellungen haben: „Ich kann nur erkennen, was ich weiß“, betonte Helma Schwarzmann.

Technisch korrekt ausgeführt ist ein Element dann, wenn die strukturellen Eigenarten und die geforderten Formvorschriften eingehalten werden. Wird dagegen verstoßen, ist das entsprechende Element fehlerhaft gezeigt. Die im Aufgabenheft Voltigieren ausgewiesenen „Hauptkriterien“ der Pflicht- bzw. Technikelemente weisen die Richter*innen darauf hin, welche qualitativen bzw. strukturellen Bewegungshandlungen im Wettkampf abgeprüft werden.

Bewegungsvorstellung als Voraussetzung: Erst bei ausgeprägter Bewegungsvorstellung ist man in der Lage, einen Bewegungsablauf gezielt zu beobachten, Bewegungsfehler zu analysieren und zu bewerten. Die ganze Bewegung muss beobachtet werden: Bewegungsbeginn, Bewegungsablauf, Bewegungsende. Daraus folgt die Leistungsbeurteilung (Ist-Sollwert-Vergleich), daraus resultiert die Note.

Vorgegeben werden durch unsere Richtlinien Hauptkriterien, Richtwerte und Regelabzüge.

Die erfahrene Richterin ging im Anschluss auf die einzelnen (S-)Pflichtübungen ein. (FB)

Bewertung der A- und L-Pflicht

Praxiserfahrung beim Bewerten der A-/L-Pflicht stand im Mittelpunkt von Kyra Heinrichs Workshop. Die Referentin betonte im Zuge ihrer Ausführungen unter anderem, dass es wichtig sei, dass man die eigene Notengebung nachvollziehbar gegenüber dem Voltigierer argumentieren kann.

 

Außerdem ging es im Workshop um grundsätzliche Fragen zur Motivation und dem Selbstbild als Richter. Denn auch hier wirken sich die eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten als Richter auf viele Kollegen aus. Kyra Heinrich ermutigte ihre Kollegen aber und erklärte: „Die Voltis können sich gerade genauso wenig auf den Einsatz in der Praxis vorbereiten wie wir Richter.“ Nichtsdestotrotz sollten alle Beteiligten jetzt nicht aufgeben und ihre Tätigkeit einfach hinschmeißen, sondern sich entsprechend ihrer Möglichkeiten (nach bestem Wissen und Gewissen) auf den Einsatz vorbereiten und auch ein Stück weit darauf vertrauen, dass man sich wieder gut reinfinden wird. (MS)

Bewertung der Kür-Gestaltung bei A- und L-Gruppen

Um die Gruppen-A-/L-Kür-Gestaltung ging es im Workshop von Leo Laschet, denn für den Referenten ist es wichtig, dass sich auch im Rahmen einer großen Veranstaltung wie der Bundesrichtertagung mit den breitensportlichen Leistungsklassen befasst wird.

Faktoren, die in diesen Leistungsklassen bei der Vergabe der Gestaltungsnote eine besondere Rolle spielen, sind die Übungsauswahl entsprechend dem Leistungsvermögen (und zwar bezogen auf die Voltigierer und bezogen auf das Pferd), die Abwechslung bei Übungen und Übungsverbindungen sowie der Bewegungsfluss und die Harmonie mit dem Pferd (und den Gruppenpartnern). Im Rahmen des Workshops sollte den Richterkolleg*innen die Möglichkeit gegeben werden, nach über einem Jahr fehlender Praxis, Gruppen einfach mal wieder anhand von Videos zu bewerten und sich dabei über bestimmte Aspekte auszutauschen und damit Denkanstöße zu liefern.

Bei den A- und L-Gruppen ist die Gestaltungsnote ja mit der LPO 2018 auf 10 hochgesetzt worden und nun ist es an den Richtern, dieses erweiterte Notenspektrum auch auszunutzen. Leo Laschet ermutigte seine Workshopteilnehmer*innen genau dazu: „Traut euch, mit der Gestaltungsnote nach oben zu gehen, sonst bekommt ihr die Gruppen am Ende nicht auseinander platziert.“

Ein weiteres Problem wurde im Workshop diskutiert: Wie stark verschlechtert sich die Gestaltungsnote, wenn es viele Ausführungsfehler gibt? Häufig wirken fehlerhafte Ausführungen wie ein Mangel in der Harmonie mit dem Pferd – was aber nicht immer auch tatsächlich der Fall ist. Hier ist eine klare Differenzierung notwendig.

Es wurde auch über das Thema Musik diskutiert. Musik ist wahnsinnig subjektiv und ohne Zweifel Geschmackssache. Nichtsdestotrotz ist es für Richter wichtig, möglichst objektiv zu bleiben. Statement von Leo Laschet zu dem Thema: „Wir müssen uns von unserem persönlichen Geschmack verabschieden und allein darauf schauen, was die Musik zu den Bewegungen auf dem Pferd beiträgt und sie das Pferd nicht stört.“

Zudem kamen die Teilnehmer*innen noch auf einen weiteren wichtigen Punkt zu sprechen, nämlich das Thema Pferdeschutz/Pferdewohl. Denn die leistungsentsprechende Übungsauswahl gilt – wie bereits erwähnt – nicht nur für die Voltigierer, sondern eben auch für das Pferd. (MS)

Bewertung der Kür-Ausführung im Gruppenvoltigieren

Der Kür-Ausführung im Gruppenvoltigieren widmete sich Kerstin Nimmesgern in ihrem Workshop. Es gelten die Kriterien anhand des Aufgabenhefts, hinzu kommen die allgemeinen Bewertungskriterien.

Es gibt im Aufgabenheft keine feste „Regeln“, keine einheitliche Vorgehensweise, wie die Ausführungsnote ermittelt wird. Jeder Richter hat seine eigenen Ansätze, sie wird häufig als „Bauchnote“ gegeben, so die Referentin. Hinzu kommt, dass es viele verschiedene Hilfsbögen gibt. Im Aufgabenheft 2018 wurde fürs Einzelvoltigieren die Ermittlung der Ausführungsnote eindeutig festgelegt. Fürs Gruppenvoltigieren ist das für die Überarbeitung des Aufgabenhefts für 2023 vorgesehen.

Im Workshop wurde der Hilfsbogen von Andreas Bäßler verwendet (DRV-Mitglieder können diesen auf der Webseite https://drv-online.de/ im Mitgliederbereich herunterladen). Das Protokoll sorgt insbesondere für Transparenz gegenüber den Aktiven.

Wichtig ist hierbei die korrekte Anzahl der gezeigten Elemente und die im Protokoll vermerkten Abzüge. Denn kleine Abweichungen in der Anzahl sorgen für große Unterschiede in der Note, wie Kerstin Nimmesgern betonte – vor allem, weil die Ausführung mit dem Faktor 3 gewertet wird. Bei der Ausführung werden alle gezeigten Elemente gezählt – im Gegensatz zur Schwierigkeit, wo doppelte Übungen nur einmal berücksichtigt werden, was beim Richten „eine Herausforderung“ ist, wie die Referentin betonte.

Was ist ein zählbares Element und was nicht, war deshalb einer der Hauptaspekte des Workshops. Für die Notenvergabe wurden die Abzüge ermittelt und durch die Anzahl der Übungen geteilt. „Die Methode bedarf viel Übung“, so die Referentin. Hinzu kommt, dass „ich das bewerten muss, was ich jetzt gerade sehe.“ Damit die Unterschiede reduziert werden, also das Bewegungssehen gleich wird, müssen Schulungen durchgeführt werden, bei denen die Teilnehmer darüber sprechen und sich austauschen – z. B. was ist eine Übung und was nicht. Das ist auch per Videorichten in Gruppen möglich, beispielsweise in Form interner Richterschulungen.

Man muss sich ans neue System gewöhnen, so die Rückmeldung der Teilnehmerinnen, und deutliche Abzüge geben, wenn z. B. das Pferd aus dem Gleichgewicht gebracht wird, sonst wirkt es sich in der Ausführungsnote nicht genügend aus. Wichtig ist jedoch, dass ein Sturz nicht in die Summe der Abzüge integriert wird, sondern am Ende abgezogen wird. (FB)

Bewertung der Kür-Schwierigkeit im Gruppenvoltigieren

Der Schwierigkeitsbewertung in der Gruppen-Kür widmete sich Christine Kellermann. Sie verwies zur Orientierung auf die Kriterien im Aufgabenheft Voltigieren, insbesondere, wenn man die Übungen nicht im Kürkatalog findet. Außerdem ist dieser nur bedingt aussagefähig, wie die Referentin mit Bezug auf den Impulsvortrag von Torben Jacobs und Jessica Lichtenberg betonte.

Diskutiert wurde, wann Übungen gezählt werden. Betont wurde, dass wiederholt gezeigte Übungen in der Schwierigkeit nur einmal gezählt werden, also z. B. dreimal ein Aufsprung ins Knien wird nur einmal bewertet.

Im Workshop zeigte sich, dass beim mehrfachen Ansehen oft kritischer gerichtet wird als live vor Ort, weil man sieht, dass z. B. ein Steher doch stärker gehalten wird (also mehr Haltepunkte vorhanden sind) als beim ersten Ansehen erkennbar war.

Diskutiert wurde anhand eines Radabgangs, der nicht durch die Senkrechte geturnt wurde, wie dieser bewertet wird: als S-Übung mit hohen Abzügen in der Ausführung oder als M-Übung mit wenig(er) Abzügen in der Ausführung. In den Raum gestellt wurde, ob es sogar Fälle geben kann, in denen Übungen gar nicht bewertet werden können, weil sie zu fehlerhaft waren – eine Frage, das wurde in der Diskussion klar, auf die es keine allgemein gültige Antwort geben kann, sondern die im Einzelfall beantwortet werden muss.

Ein anderer Aspekt war die Kombination von Übungen. Dies kann einen positiven Einfluss auf die Schwierigkeitsnote haben. Hinzu kommt, je weniger Hilfestellung gegeben wird, z. B. bei einem hohen Aufsprung, und je freier der Untermann steht, desto höher wird die Schwierigkeit bewertet. (FB)

Abzeichenprüfung – ein Update und eine Hilfestellung zur Durchführung

Einen Überblick über die unterschiedlichen Abzeichen im Voltigiersport sowie Tipps zur Durchführung gab Raphaela Meyer.

Die Referentin stellte den Pferdeführerschein mitsamt den unterschiedlichen Stationen vor. Dieser ist der Nachfolger des Basispass Pferdekunde.

Das Voltigierabzeichen (VA) 4 darf absolviert werden, ohne dass zuvor das VA 5 (oder VA 7, 9, 10) absolviert werden musste. Beim VA 5 darf der Aufsprung mit Hilfe erfolgen, gezeigt wird die E-Pflicht. Bei VA 4 wird die A-Pflicht verlangt, der Aufsprung muss selbstständig erfolgen, erhält jedoch keine Bewertung.

Beim VA 3, 2, 1 müssen Absolventen zuvor mindestens drei Monate im Besitz des vorangegangenen Abzeichens sein. Bei VA 3 wird die L-Pflicht gezeigt, beim VA 2 die M-Gruppenpflicht, gleiches gilt beim VA 1 (jedoch mit unterschiedlichen Mindestnoten, die erreicht werden müssen). Hinzu kommen in jedem VA Stationsprüfungen.

Das Longierabzeichen (LA) 5V ist 2020 neu in die APO aufgenommen worden und die Voraussetzung, auf Turnieren longieren zu dürfen und die Trainerlaufbahn einzuschlagen. Es besteht jedoch Bestandsschutz für die, die vor dem 01.01.2020 das LA 5 abgelegt haben. Hinzugekommen ist beim LA 5V (gegenüber dem LA 5) das Longieren mit Voltigierern in Schritt, Trab und Galopp.

Wer das LA 4 ablegen möchte, muss zuvor drei Monate im Besitz des LA 5/LA 5V sein. Bei den LA 3 und 2 muss man zuvor wiederum drei Monate im Besitz des LA 4 sein. Man darf direkt das LA 2 absolvieren, ohne zuvor das LA 3 ablegen zu müssen. Das LA 1 V wird bei Erfolgen verliehen.

Zum Pferdeeinsatz informierte die Referentin: Bei der Bodenarbeit darf ein Pferd für drei Prüflinge laufen und beim Longierabzeichen für zwei Prüflinge. Beim Voltigierabzeichen ist dies nicht reglementiert, aber es soll darauf geachtet werden, dass das Pferd nicht zu häufig geht.

In der APO ist nicht definiert, wie der Vorbereitungslehrgang für Abzeichen durchgeführt werden muss. D. h. auch online ist dies möglich, v. a. in Corona-Zeiten. (FB)

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Die besonderen Ansprüche an das Voltigierpferd

Unserem vierbeinigen Partner, der schon im Impulsvortrag von Torben Jacobs und Jessica Lichtenberg als wichtiger Aspekt vorkam, widmete sich Martin Plewa.

Die Grundqualität des Galopps spielt eine ganz wichtige Rolle beim Voltigierpferd, stellt der Referent gleich zu Beginn klar. Es muss das Gleichgewicht auch bei „Belastungsänderungen“ halten und dabei – anders als beim Reiten – ganz gleichmäßig seine Runden drehen. Das Voltigierpferd muss über eine Tragfähigkeit von Voltigier-„Gewichten“ verfügen.

Ein Pferd soll die Kriterien der Skala der Ausbildung erfüllen. Alle Punkte dieser Skala lassen sich mit der Natur des Pferdes und natürlichen Bewegungsabläufen erklären. Letztgenannte dürfen durch die Ausbildung bzw. das Ausbinden nicht negativ beeinflusst werden. Für das Fluchttier Pferd ist die Wahrung und Förderung des Gleichgewichts unter dem Reiter/Voltigierer eine wichtige Voraussetzung für sein Wohlbefinden.

Der Referent ging auf die einzelnen Aspekte der Ausbildungsskala ein:

Takt: Bei den besser ausgebildeten Voltigierpferden sieht Martin Plewa kein Problem mehr mit dem Takt. Die Koordination von Vor- und Hinterhand muss gewährleistet sein.

Das Pferd macht im Galopp, der fürs Voltigieren besonders relevant ist, eine Schaukelbewegung im Rumpf (im Gegensatz zu Schritt und Trab).

Eine gute Koordination zeigt sich in der richtigen Relation von Bergauftendenz zum Durchsprung. Das innere Hinterbein macht einen längeren, aber flacheren Fußungsbogen im Vergleich zum äußeren Vorderbein, beide Beine müssen aber zum Erhalt des Dreitakts zeitgleich auffußen. Durchsprung und Halsdehnung stehen dabei in direkter Relation.

In der Pferdenote wird der Takt definiert durch Regelmäßigkeit und Gleichmaß (Zeit/Raum), gleichbleibendes Tempo (Frequenz) sowie eindeutiger und durchgängiger Dreitakt.

Losgelassenheit: Diese zeichnet sich durch unverkrampftes, rationelles, ökonomisches An- und Abspannen der Muskulatur aus. Sie setzt Zwanglosigkeit voraus und beinhaltet Gelassenheit („innere Losgelassenheit“). Sie ist die Voraussetzung für positive Ausbildungs-, Lern- und Trainingseffekte (aus muskuläre „Formung“) sowie für alle weiteren Punkte der Ausbildungsskala. Das Ergebnis ist im Voltigieren eine Dehnungsbereitschaft an die Ausbinder, so Martin Plewa.

Wichtig für Richter ist, woran man erkennen kann, ob das Pferd losgelassen wirkt.

In der Pferdenote wird die Losgelassenheit/Harmonie definiert durch Zwanglosigkeit, Lockerheit, Gelassenheit; Maultätigkeit, Kieferbewegung bei geschlossenen Lippen; erkennbares physiologisches An- und Entspannen funktionaler Muskelketten; Muskelspiel der Halsmuskulatur, schwingender Rücken.

„Lockerheit verwundert mich“, erklärte Martin Plewa, denn das Pferd soll in positiver Spannung laufen. Die Maultätigkeit und Kieferbewegung ist für Richter im Turnier seinen Einschätzungen nach nicht zu erkennen, wenn das Reithalfter richtig verschnallt ist.

Anlehnung: Sie bedeutet im Voltigieren eine stete, weiche Verbindung zwischen Ausbinder/Longe und Pferdemaul. Das Pferd „sucht“ die Anlehnung, der Longenführer/Ausbinder „gestattet“ sie, legte Martin Plewa dar. Eine gute Anlehnung zeigt, dass sich das Pferd mit dem Gebiss wohlfühlt und nicht auf dem Gebiss liegt, sondern sich abstößt (zur Balancefindung). Eine korrekte Anlehnung begünstigt die Kautätigkeit und bedeutet einen Wechsel zwischen leichtem und geringerem Druck auf der Zunge.

Anlehnung ist der Gradmesser für das Gehen des Pferdes: Ihre Qualität drückt die Qualität der Bewegung des Pferdekörpers aus (und nicht umgekehrt), betonte Martin Plewa.

Anlehnung wird in der Pferdenote definiert als: gleichmäßiges Herantreten an beide Ausbinder/Akzeptanz der Ausbinder; sichere und stetige Verbindung an die Ausbinder und an die Longe; sichtbare Maultätigkeit und Kieferbewegungen bei geschlossenen Lippen; relative Aufrichtung und Stirn-/Nasenlinie vor der Senkrechten.

Anlehnung wird (im Gegensatz zu den vorher aufgeführten Aspekten) nur mit dem Faktor 1 gewertet. „Darüber kann man diskutieren“, so der Referent, allerdings galoppiere das Pferd immer gleichmäßig auf einem Zirkel – anders als bei anderen Pferdesportdisziplinen.

Schwung und Lastaufnahme: Diese zwei Aspekte sind in der Pferdenote zusammengefasst, was den Referenten verwundert. Denn die Pferdenote ist definiert durch durchgängige Elastizität, Energie und Frische; aktives Abfußen bei konstanter Rückentätigkeit; erkennbare Lastaufnahme und Bergauftendenz; Sprung an bzw. unter den Schwerpunkt.

Denn Schwung ist definiert als Übertragung des energischen Impulses aus der Hinterhand über den schwingenden Rücken auf die Gesamt-Vorwärts-Bewegung des Pferdes, erläuterte Martin Plewa. Ein deutlicher Impuls entsteht durch energisches Abfußen aus der Hinterhand.

Lastaufnahme steht gemäß Richtlinien nicht in Verbindung mit Schubkraft, sondern mit Gleichgewicht, Geraderichtung, Versammlung und Bergauftendenz im Galopp. Der Referent stellt die Frage in den Raum, inwieweit Lastaufnahme bzw. Entwicklung der sogenannten Tragkraft überhaupt möglich ist.

Entscheidend ist deshalb für Plewa mehr die Tragfähigkeit. Das Pferd „trägt“ den Voltigierer v. a. mit der Hals- und z. T. der Hinterhandmuskulatur.

Geraderichtung: Ein Pferd ist geradegerichtet, wenn es – auf einem Hufschlag gehend – „hufschlagdeckend“ geht. Das heißt, es spurt mit den Hinterbeinen in Richtung der Bewegung der Vorderbeine. Es tritt dabei an beide Ausbinder gleichmäßig heran, so Martin Plewa.

In der Pferdenote ist Geraderichten definiert durch: Stellung und Biegung reell auf äußerer Zirkellinie, konstant gleichmäßiges Herantreten an beide Ausbinder sowie hufschlagdeckend und ausbalanciert auch unter Belastung/in Belastungsmomenten.

Für den Referenten ist bei diesem Aspekt die Balance entscheidend.

Hilfengebung: Zu diesem Aspekt der Pferdenote möchte sich Martin Plewa nicht äußern, da er nicht aus dem Voltigiersport kommt. Entscheidend ist für ihn, wie die Hilfengebung beim Pferd ankommt. Definiert wird die Hilfengebung in der Pferdenote durch: sicher in der Technik des Longierens; souveräne Koordination der Hilfengebung und angemessener, gefühlvoller Einsatz; optimale Zentrierung, Haltung und Stellung des Longenführers; harmonische und vertrauensvolle Kommunikation zwischen Longenführer und Pferd. Der  letztgenannte Punkt ist für den Referenten das Zentrale.

Was fehlt, was ist zu komplex?

Martin Plewa wies darauf hin, dass die Durchlässigkeit im deutschen Reglement in der Pferdenote nicht aufgeführt wird (im Gegensatz zum FEI-Reglement), obwohl es das Ziel sein sollte. Auch Gleichgewicht kommt nur indirekt zur Geltung. Generell stellt der Referent in Frage, ob ein komplexer Bewegungsablauf hinsichtlich der Qualität des Galopps sowie der Erfüllung der Punkte der Ausbildungsskala durch ein Richtverfahren erfasst werden kann, das eine deutliche Differenzierung (z. T. mit unterschiedlicher Gewichtung – Faktor 1 und Faktor 2) fordert. Der Referent betonte, dass alle Aspekte der Ausbildungsskala miteinander zusammenhängen.

Das wesentliche Ziel im Pferdesport ist für den Referenten das Wohlbefinden des Pferdes und ein harmonisches Gesamtbild. Die harmonischere Vorstellung ist in der Regel die, bei der sich das Pferd wohler gefühlt hat, so Plewas Beobachtung.  (FB)

Turniere im Voltigiersport – Alternativen in Zeiten von Corona

In ihrem Impulsreferat zum Thema „Turniere im Voltigiersport – Alternativen in Zeiten von Corona“ gaben Christian Peiler und Leo Laschet wichtige Hinweise und Impulse zu Möglichkeiten, wie man 2021 Turnierveranstaltungen auf die Beine stellen könnte.

Zum Einstieg gab Christian Peiler zahlreiche Gründe an, warum es wichtig ist, dass der organisierte (Voltigier-)Sport 2021 wieder mehr in die Gänge kommt: Zunächst ist Sport grundsätzlich wichtig für die motorische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Zudem trägt regelmäßige Bewegung viel zur Prävention von Krankheiten bei und ist deswegen besonders relevant für die Gesundheit. Außerdem ist Bewegung auch Bildung. Insbesondere der Voltigiersport fördert viele pädagogische Aspekte (Teamplay, soziale Kompetenzen, aber auch Naturerleben). Hinzu kommt, dass Vereine wiederbelebt werden bzw. am Leben erhalten werden müssen, denn durch die Corona-Pandemie sind viele Mitglieder abgesprungen, gleichzeitig konnten keine neuen über Veranstaltungen gewonnen werden.

Im zweiten Teil seines Vortrages gab Christian Peiler einen Überblick über die zahlreichen digitalen Möglichkeiten, die dem Voltigiersport bereits zur Verfügung stehen (z. B. Zoom-Trainings, Live-Sessions bei Social Media wie Instagram und Facebook – aber auch ganz konkrete sportrelevante Dinge wie die App „Coach‘s Eye“ oder das Angebot „FN-LevelUp“, welches jetzt auch für Voltigierer zur Verfügung steht; siehe Aktueller Voltigierzirkel 4/2020, Bericht über die Tagung in Warendorf). Die Herausforderung besteht nun darin, all diese Möglichkeiten auf kreative und effiziente Art und Weise zu nutzen. 

Um nun tatsächlich 2021 so etwas wie „Wettkampfveranstaltungen“ auf die Beine zu stellen, müssen viele Aspekte und Faktoren beachtet werden: Es braucht Teilnehmer, die bereit sind, sich einem neuen Format zu stellen. Es braucht aber genauso flexible Richter, die sich darauf einlassen. Hinzu kommt die Abstimmung mit den Landesverbänden und der FN sowie angepasste Rahmenbedingungen, LPO-konforme Arbeit (damit Chancengleichheit und Tierschutz gewährleistet sind), ein stabiler technischer Rahmen und natürlich ausreichende Schutz- und Hygienemaßnahmen. Wie solch eine Corona-Wettkampfsituation ganz konkret aussehen könnte, ist aktuell noch in der Diskussion. Normale Turniere werden laut Christian Peiler auch in diesem Jahr noch nicht wieder möglich sein. Das Ziel muss aber sein, den Voltigiersport am Leben zu halten.  

Leo Laschet gab in seinem Teil des Impulsreferates einige interessante Anregungen zu möglichen Formaten (z. B. reine Einzelstarts, nur Gruppen-Pflicht-Starts, Kleinstturniere mit maximal vier Gruppen oder arbeitsteilige und vereinsübergreifende Turnierveranstaltungen – siehe weiter unten). Diese sollen im Rahmen der genannten Brainstorming-Session näher diskutiert werden. Wichtig sei es auf jeden Fall, dass einzelne Veranstaltungen so klein gehalten werden, dass alle Hygiene-/Schutzmaßnahmen eingehalten werden können.

Leo Laschet ging außerdem auf den Begriff der Kohorte ein. Dabei handelt es sich um eine Gruppe, die immer in derselben Zusammensetzung besteht. Voltigieren ist eine Kohortensportart, da eine Voltigiergruppe nicht mit dem Gegner (sprich anderen Gruppen) in direkten Kontakt tritt. Allerdings gehören wir alle immer mehreren Kohorten an: Familie, Schule, Arbeitsplatz, Universität, Kindergarten, Voltigiergruppe. Dazu kommen noch die Nachbarschaft, das Bewegungsumfeld und verschiedenes mehr mit wechselnden Kontaktpersonen. Grundsätzlich muss man festhalten, dass eine Voltigiergruppe „Nice to have“, aber nicht lebensnotwendig ist. Zudem besteht in der Kür die erhöhte Gefahr der Weitergabe einer möglichen Erkrankung. All das muss natürlich bei der Planung möglicher (Kleinst-)Turniere mit in Betracht gezogen werden.

Außerdem gab Leo Laschet eine grobe Prognose für die potenziellen Lockerungen der Maßnahmen im Jahr 2021 anhand der Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr und seiner eigenen Erfahrungen als Mediziner, basierend auf den offiziellen Fallzahlen. Er gab einen Ausblick, was sich im Laufe des Jahres 2021 für mögliche Veranstaltungen ändern könnte:

  • Turniere mit Einzelstartern: nur Einzelwettbewerbe auch für Gruppenvoltigierer (WBO) auf Holzpferd, Movie oder „Live“
  • Turniere, die der Bedingung entsprechen: „nur einer auf dem Pferd“, also nach WBO: Pflichtgruppenwettbewerbe, spezielle Wettbewerbe mit Einzelanforderungen für alle
  • Kleinstturniere (Nachmittagsveranstaltung mit maximal zwei bis acht Gruppen)
  • Arbeitsteilige Parallelveranstaltungen: z. B. Verein 1 nur A-/L-Gruppen, Verein 2 nur M-/S-Gruppen am gleichen Tag

Ein mögliches Konzept für eine Cup-Veranstaltung wie den Deutschen Voltigierpokal

Qualifikationsmodus analog von Pokalwettbewerben (K. O.-Runden):

Sieger aus Paarvergleichen oder Erst-/Zweitplatzierte aus Tabellen à Vorschlussrunde à Finalturnier

oder

Qualifikationsmodus analog von Qualifikationsgruppen (Punkte):

Bezirkssieger oder Landessieger à überregionaler Vergleich à Finalturnier

jeweils über so viele Vorebenen wie notwendig

Online-Turniere sah Leo Laschet dagegen weiterhin kritisch, da der Tierschutz nicht gewährleistet werden könne (z. B.: Wie wird das Pferd vorbereitet? Steht es unter Medikamenteneinfluss?). Die Richter würden sich damit angreifbar machen. Auch die Chancengleichheit sei nicht gewährleistet, weil Aufnahmen/Starts wiederholt werden können. Christian Peiler nannte als Alternative, dass sich Gruppen in einem Verein treffen (ohne in direkten Kontakt zu treten) und sich dort professionell filmen lassen. Diese Aufnahme könnte dann bewertet werden. Hier gibt es viele Ideen für mögliche Alternativen.

Kai Vorberg lobte in diesem Zusammenhang das Konzept von LevelUp, da hierbei ein Mittelweg gegangen werde: Die drei Säulen der LPO (Chancengleichheit, Unfallverhütung und Tierschutz) werden gewahrt, da es eine Rückmeldung zur Trainingsleistung und eventuell zu einem späteren Zeitpunkt auch eine Bewertung gibt, aber eben kein Turnierergebnis. (MS/FB)

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Impulsvortrag: „Stell‘ dir vor, es ist Turnier – und kein Richter geht hin“

 

In seinem Impulsvortrag gab Reinhard Wendt, langjähriger Chef de Mission der Deutschen Equipe bei Weltreiterspielen und den Olympischen Spielen und seines Zeichens „Pferde- und Turniersportmensch mit jeder Faser“, einen hippologisch-historischen Exkurs, der die Verbindung zwischen Mensch und Tier und deren gemeinsamer Geschichte verdeutlichte (von der Domestizierung, über den Einsatz im Krieg und in der Jagd bis hin zum heutigen Sportpartner).

In diesem Zusammenhang betonte er unsere kulturgeschichtliche Auftragslage, die auch die doppelte Legitimation und die doppelte Verantwortung zur Arterhaltung des Pferdes als Mitgeschöpf und als Kulturgut umfasst. Er beschrieb die persönlichkeits- und charakterbildenden Eigenschaften des Pferdesports an sich sowie die Bedeutung des Pferdesports als Garant für die Erhaltung von Lebensraum und Lebensinhalt des Kulturgutes Pferd.

Richter tragen mit zu dieser Verantwortung bei, denn Richter sind (laut § 54 LPO) Sachverständige – nicht nur für den Voltigiersport, sondern auch für das Pferd an sich. Die Frage „Stell‘ dir vor, es ist Turnier – und kein Richter geht hin“ kann Reinhard Wendt passenderweise nur damit beantworten, dass es „ein Turnier, zu dem kein Richter kommt, […] nicht geben (darf)!“

Grundlegend wird Nachwuchs in der Richterausbildung dringend gebraucht und gesucht. Momentan ist die Anzahl an Richtern noch ausreichend, aber gerade im Bereich der Jung- und Nachwuchsrichter ist die Tendenz seit Jahren rückläufig, was über kurz oder lang zu Defiziten in der Verfügbarkeit von Richtern führen wird. Motivationsbremse, die die Arbeit als Richter beeinträchtigt, kann die Aufgabenfülle sein, mit der Richter fertigwerden müssen. Genauso spielt aber auch die aufwändige Aus- und Weiterbildung eine Rolle, wobei es laut einer Mitgliederbefragung der DRV eine grundsätzlich hohe Erwartungshaltung an die Ausbildung gibt.

Als Fazit dieses Impulsreferates hielt Reinhard Wendt fest: „Hoffen wir, dass bald wieder Turniere stattfinden können, dass die Richter ihrer eigenen Verantwortung gerecht werden und ihre Motivation beibehalten können.“ (MS)

Hinweise für unsere Leser

Alle Workshops wurden bei der Bundesrichtertagung mehrfach angeboten. Die Autoren konnten also nur bei einem Durchgang und außerdem nicht an allen Workshops teilnehmen. Deshalb bieten die Beschreibungen Auszüge aus den geführten Diskussionen.

Vielen Dank an Leo Laschet und das Team der DRV für die vielfältigen Themen, die hochkarätigen Referenten und die Rückmeldungen zu dieser Dokumentation der Tagung.